Studienabbrecher als Azubis gewinnen

Die in der Studienzeit gesammelten Erfahrungen sowie die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten machen Studienabbrecherinnen und -abbrecher zu interessanten Kandidaten für Unternehmen bei der Besetzung ihrer freien Ausbildungsplätze. Doch wie kommen Sie als Recruiter überhaupt an die Aussteiger heran? Der Artikel gibt Handlungsempfehlungen.

Für Azubi-Recruiter sind Studienabbrecher eine interessante Zielgruppe
Für Azubi-Recruiter sind Studienabbrecher eine interessante Zielgruppe © freepic.diller - www.freepik.com

Hintergrund

Im Wintersemester 2022/23 begannen 398.749 Studierende ihr Studium. Bei einer Abbruchquote von 28 Prozent sind es also über 110.000 Menschen, die sich auf den Weg zu einem Neustart machen. Was diese Aussteigerinnen und Aussteiger so interessant für Sie als Azubi-Recruiter macht? Sie sind älter und verfügen über mehr Lebenserfahrung als Menschen, die frisch von der Schule kommen. Im Studium lernten sie, eigenständig zu sein und sich selbst zu organisieren, weshalb sie als reifer gelten. Weiterhin haben sie mit der Fachhochschulreife oder dem Abitur im Vergleich zu anderen Schulabgängern einen hohen Schulabschluss; dazu kommen noch die Vorkenntnisse aus dem Studium. Auch mussten sie bereits mit einem Bruch im Leben fertig werden und sich damit auseinandersetzen, was sie eigentlich wollen. Motiviert und in Aufbruchstimmung suchen sie nun eine neue Chance, bei der sie sich beweisen können. 

Ausbildungsangebote attraktiv formulieren: „Studienabbrecher willkommen!“

Zunächst sollten Sie sich als Recruiter vor Augen führen, aus welchen Gründen junge Menschen ihr Studium überhaupt abbrechen: Überforderung, nicht bestandene Prüfungen, fehlende Motivation, Wunsch nach praktischer Arbeit, finanzielle Probleme bei der Studienfinanzierung u. v. m. An diese Motive können Sie anknüpfen und in Ihren Stellenanzeigen für freie Ausbildungsplätze die Vorteile einer betrieblichen Berufsausbildung herausarbeiten:

  • Praktische Arbeit: Welche Tätigkeiten und Aufgaben übernimmt man? Wie ist die Ausbildung organisiert?
  • Ausbildungsvergütung und weitere Leistungen: Welches Azubi-Gehalt zahlen Sie? Was bieten Sie sonst noch, z. B. Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, vermögenswirksame Leistungen?
  • Vorteile für Azubis: Welche (nicht-monetären) Benefits gibt es, z. B. Begleitung durch Mentoren oder Paten, Prüfungsvorbereitung, Azubi-Projekte?
  • Verkürzung: Welche Möglichkeiten gibt es, die Ausbildung zu verkürzen, z. B. aufgrund von Vorkenntnissen und/oder einem hohen Schulabschluss?
  • Perspektiven: Wie stehen die Chancen auf Übernahme? Welche Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten bieten Sie?

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Ein weiterer Tipp: Seien Sie beim Ausbildungsbeginn flexibel! Es muss nicht immer der 1. August oder September sein. Wann genau jemand sein Studium abbricht, lässt sich nicht vorhersagen. Um Studienabbrecherinnen und -abbrecher für sich zu gewinnen, sollten Sie daher schauen, welche Alternativen Sie zum „offiziellen“ Ausbildungsstart bieten können, z. B. in Form einer Übergangsbeschäftigung, oder ob Sie, nach Rücksprache mit der Berufsschule, einen Einstieg im laufenden Ausbildungsjahr ermöglichen können.

Touchpoints im Ausbildungsmarketing

Danach geht es darum, die Ausbildungsangebote an die Aussteigerinnen und Aussteiger heranzubringen. Die Stellen über geeignete Kanäle auszuschreiben, ist dabei das eine. Flankierende Maßnahmen das andere. 

  • Online- und Offline-Kanäle: Für Ihr Ausbildungsmarketing sollten Sie verschiedene Touchpoints nutzen, wie Unternehmens- und Karrierewebseite, Online-Jobbörsen wie das Ausbildungsportal von AUBI-plus, soziale Netzwerke, Business-Plattformen, Werbung in studentischen Medien und im öffentlichen Raum sowie Aktionstage und Veranstaltungen (in Präsenz oder online). Kommunizieren Sie, dass ehemalige Studierende bei Ihnen willkommen sind. Wertvolle Botschafter sind dabei Ihre eigenen Azubis bzw. frisch ausgelernten Fachkräfte. Vielleicht gibt es in Ihren Reihen ja sogar eine oder einen ehemaligen Studienabbrecher, der seine persönliche Erfolgsgeschichte erzählt? Eine gute Bühne für solche Erfolgsgeschichten sind die sozialen Medien. Auch ein Podcast, z. B. mit einem Studienabbrecher als Interviewpartner, kommt infrage. 
  • Word-of-Mouth-Marketing: Zu diesen vorgestellten eher externen Marketingmaßnahmen kommen noch die Weiterempfehlungen durch Ihre eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner. Bei dem anhaltenden Trend der Akademisierung kennen fast alle einen jungen Menschen, der an seiner getroffenen Studienentscheidung zweifelt. Wenn Ihr Betrieb bekannt dafür ist, dass Studienabbrecherinnen und -abbrecher bei Ihnen willkommen sind, spricht sich das herum.
  • Beruf und Betrieb erlebbar machen: Online mit Hilfe von Bildern, Videos, Interviews, Erfahrungsberichten und Podcasts, im echten Leben mit Schnuppertagen, Praktika und/oder Probearbeiten. Dies gibt Ex-Studierenden die Sicherheit, mit ihrer Entscheidung für eine Ausbildung in Ihrem Unternehmen die richtige Wahl zu treffen.
  • Anlaufstellen, die dabei helfen können, mit (zukünftigen) Studienabbrecherinnen und -abbrechern in Kontakt zu kommen, sind die Studienberatung, der AStA und die Sozialbetreuung an Hochschulen sowie die zuständige Kammer, die Agentur für Arbeit und das BMBF.

Ausbildungsbetriebe, die die passenden Angebote für Studienabbrecher machen und sie in ihrer Bewerberkommunikation gezielt ansprechen, erhöhen ihre Chance, mehr Bewerbungen von motivierten und gut qualifizierten Aussteigerinnen und -aussteigern zu erhalten und mit Abschluss der Ausbildung loyale Fachkräfte für das eigene Unternehmen zu gewinnen.

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