Welche Berufe stecken hinter Videospielen?

Seit 2014 ist es amtlich: Videospiele können in Deutschland Kunst sein, weshalb sie von vielen Personen auch als Kunstwerke angesehen werden. In der Realität sind sie aber genauso Konsumgüter, welche erdacht und produziert werden müssen, wie es Kleidung und Möbel sind. Anhand des Beispiels von Super Mario zeigen wir dir, welche Ausbildungsberufe am Arbeitsablauf beteiligt sind. Wenn du eine Aufgabenbeschreibung besonders spannend findest, kommst du über die Links zu weiteren Berufsinformationen und freien Ausbildungsplätzen in deiner Nähe.

Los geht’s: Du öffnest die Verpackung, startest die Konsole samt Spiel und fängst an, dich in der schönen Welt von Super Mario zu verlieren. Dabei lauschst du der frohlockenden Musik und springst mühelos von Plattform zu Plattform. Ohne es direkt zu wissen, genießt du gerade die Arbeit von verschiedenen Menschen. Eine Sache haben sie mit dir gemeinsam: Sie interessieren sich für Gaming und Spieleentwicklung. 

Level 1: Die Konzeption – Gamedesignerin bzw. Gamedesigner

Mit einer Idee fängt es an. Ein kleiner Handwerker springt gezielt von A nach B, um eine Prinzessin zu befreien. Noch ein paar Widersacher in die Welt gepflanzt und fertig ist das Konzept. Stark simplifiziert ist dies die Grundskizze von Mario. Ob ein Gedanke bahnbrechend, neu und waghalsig oder strikt nach einer bewährten Vorlage entstand, ist nebensächlich. Als Gamedesignerin bzw. Gamedesigner ist es deine Aufgabe, Spiele zu konzipieren und mit einem Team von talentierten und kreativen Köpfen zu entwickeln.

Auch in leitenden Teampositionen kannst du eingesetzt werden. So koordinierst du viele Themengebiete, damit das Endprodukt zeitig erscheint und Mario zu seiner Prinzessin Peach kommt.

Level 2: Die Concept-Arts – Game Artist

Mit nichts als einer groben Beschreibung musst du anfangen, Charakteren Leben einzuhauchen und Welten zu visualisieren. Dem italienischen Klempner verleihst du eine rote Mütze samt Initialen, einen blauen Overall mit gelben Knöpfen, braune Schuhe und weiße Handschuhe. So simpel kann es sein, eine ewig-ikonische Figur zu erschaffen. Als Game Artist färbst du nicht nur virtuelle Kleider ein. Auch ganze Landschaften, Welten und sogar Planeten wirst du entwerfen. Im Grunde liegt alles zwischen dem Erstellen einer schnellen Skizze und dem Kreieren hochauflösender Concept-Arts (das sind Illustrationen, welche ein Konzept visuell veranschaulichen) in deinem Aufgabenbereich. Dabei gehören das Vorstellen und das eventuelle Anpassen von deinen Bildern beinahe zur Tagesordnung. Somit bist du das visuelle Bindeglied zwischen den Spielern und der virtuellen Welt von Super Mario.

Level 3: Die Geschichte – Autorin / Autor

Zugegebenermaßen hat Super Mario jetzt nicht die spannendste Geschichte der Welt. Ein Mann sucht eine Frau, welche von einem Gorilla entführt wurde. Dennoch muss man sich eingestehen, dass die meisten Videospiele ein Drehbuch aufweisen können, welches mit manchen Hollywood-Filmen mithalten kann. So war das Skript zum Videospiel „Dark Souls“, welches im Oktober 2011erschienen ist, 130.000 Wörter lang.

Als Autorin bzw. Autor bist du für die ganze Geschichte verantwortlich. Jede Überraschung und jeder dramaturgische Höhepunkt ist von dir erdacht worden. Sämtliche Side Quests (Nebenmissionen) und alle gesprochenen Wörter von jeder Figur wurden von dir im Vorhinein konzipiert und niedergeschrieben. Dabei ist aber wichtig zu merken: Es ist keine Pflicht, dass eine Person für alles allein verantwortlich ist. Diese Aufgaben werden häufig innerhalb eines kleinen Teams aus Autorinnen und Autoren aufgeteilt. Je nach Auftrag kann es auch sein, dass du mehrere Enden für eine Geschichte und damit auch mehrere Wege zu diesen Enden verfassen musst - das kann gerne kompliziert werden.

Level 4: Das Programmieren – Game Programmer

Die Idee für ein Super-Mario-Spiel steht also. Auch die ersten visuellen Hilfen für eine einfachere Veranschaulichung wurden erstellt. Dann geht es zum nächsten Schritt, dem Programmieren. Als Game Programmer sorgst du dafür, dass das Gerüst steht. Du entscheidest dich zusammen mit deinem Team für eine Spiel-Engine, auch Game-Engine genannt, welches das Skelett für die gesamte Spieleentwicklung sein wird. Bevor Mario quickfidel von Röhre zu Röhre hüpfen kann, muss das Spiel erst einmal reibungslos starten können. Als Programmiererin bzw. Programmierer wirst du daher das Fundament für die nächsten Prozesse legen und so bearbeiten, dass es den stetig steigenden Herausforderungen gewachsen ist. Auch spielinterne Funktionen wie das System mit den Herzen, die anzeigen, wie viele Leben und somit Versuche man noch hat, werden von den Game Programmern konzipiert und entwickelt.

Kurz gesagt: Als Programmiererin oder Programmierer sorgst du dafür, dass spielinterne Funktionen wie das Springen überhaupt funktionieren. Wie hoch und weit Mario springen darf, was passiert, wenn er daneben springt, und mit welcher Taste die Spielerin oder der Spieler ihn zum Hüpfen bringt, zählen alle zu deinen Aufgaben.

Level 5: Das Gestalten – 3D-Artist, 3D Visual-Effects Artist

Die Idee steht nun endlich. Mario als Figur sieht auch ikonisch aus, dank der Arbeit der Game Artists. Das Team der Game Programmer sorgte dafür, dass Mario grundsätzlich springen kann. Nun liegt es an dir, die Visionen der anderen möglichst detailgetreu umzusetzen. Das Gestalten der Videospiele ist umfangreich und unterschiedlich. Deshalb werden die Aufgaben auf ein Team von kompetenten Mitarbeitern aufgeteilt. Je nach zu erledigenden Aufgaben werden verschiedene Teams damit beauftragt. Als Mario 64 entwickelt worden ist, war es die Aufgabe von 3D-Artists, einen drei-dimensionalen Mario zu kreieren. Vorher kannte man den kleinen, kultigen Klempner nur aus der 2D-Ansicht.

• Als 3D-Artist bist du verantwortlich, alle Gegenstände zu modellieren, welche die Nutzer sehen oder mit welchen sie interagieren werden. Auch hier gilt, dass die Aufgaben weitreichender sind, als man vorab denken möchte. Es bedarf häufige Absprachen mit den anderen Teams, damit ein einwandfreies Endprodukt entstehen kann. Sei es das Anpassen von bereits bestehenden 3D-Modellen oder das Erstellen von komplett neuen, du erschaffst die Bausteine, mit denen ein Videospiel gebaut wird. Ein Mario mit zu großer Mütze oder zu kleinen Füßen würde immerhin nicht authentisch aussehen. Du sorgst für die Umsetzung von den 2D-Skizzen zu einem spielbaren 3D-Modell. Dies gilt natürlich nur, wenn es sich nicht um ein zwei-dimensionales Spiel handelt. Aber auch in einem 2D-Spiel werden teilweise 3D-Modelle benutzt.

• Level-Designer zählen auch zur gestaltenden Kategorie. Wie es die Berufsbezeichnung selbst sagt, gestalten und designen sie Levels. Dazu gehört mehr als man denkt. Als Level-Designer arbeitest du entweder unter Vorgaben oder mit deinen eigenen Ideen. Das Arbeiten mit psychologischen Tricks, um den Spielerinnen und Spielern den richtigen Weg zu zeigen, ohne dass es zu auffällig oder aufdringlich wirkt, wird dein täglich Brot und Butter. Zu diesen Tipps gehören, unter anderem, der bewusste Einsatz von Farben, Höhen und Geräuschen. Wenn ein Level von dir fertig erstellt worden ist, musst du es noch spielbar machen. Das bedeutet im Mario Beispiel: Gegner platzieren, Rätselaufgaben konzipieren, die Beleuchtung anpassen und kleinere Klangkulissen erstellen. Ein Mario Level ohne die ikonischen Geräusche und Gegner (jeder wird Bowser kennen) ist unvorstellbar. Sollten im Laufe der Entwicklung Bugs oder unfaire Spielmechaniken entdeckt werden, musst du dein Level natürlich anpassen. Im Idealfall entstehen so einzigartige Spielabschnitte, welche intuitiv spielbar sind und lange im Gedächtnis bleiben.

• 3D-Visual-Effecs Artist (auch 3D VFX Artist genannt) sind für alle Effekte verantwortlich, welche man sehen, hören oder fühlen kann. Das beliebteste Beispiel ist die Explosion. Ob Feuerwerk oder Sprengstoff, damit eine Detonation entweder echt aussieht oder echte Emotionen verursacht, muss sie von dir als 3D-Visual-Effects Artist erschaffen und bearbeitet werden. Dafür suchst du dir passende Tonaufnahmen raus und gibst den Game Programmern eventuell eine Aufgabe, wenn ein Spiele-Controller bei der Explosion vibrieren soll. Auch wenn unser italienischer Klempner ein „Power-Up“ (das ist eine Fähigkeit, welche ihn eine kurze Zeit stärker, schneller und besser macht) einsammelt, verändert sich sein Aussehen und die Interaktion zwischen ihm und der Spielwelt. Sei es das Aufsteigen des Feuerwerks, wenn Mario seine Peach gefunden hat, das Zusammenquetschen der Pilze, auf die er springt, oder die Explosion der Kanonenkugel mit dem fiesen Gesichtsausdruck, ein 3D-VFX Artist ist überall einsetzbar.

Level 6: Die letzten Schliffe – Synchronsprecher und Schauspieler

Wenn unser Mario in einer Welt rumlaufen, hüpfen und Gegner bekämpfen kann, möchte man meinen, dass das Spiel fertig sei. Ein paar letzte Schritte fehlen aber noch in der Produktion.

• Auch ein Interactive Audio Designer oder ein Team aus diesen ist Teil der Produktionskette, mit welcher ein Videospiel entsteht. Manche werden sich nicht an die Hintergrundmusik von Videospielen erinnern können, andere hören die Musik von der Regenbogenstrecke aus Mario Kart täglich auf dem Heimweg. Diese, teils ikonische, Melodien und Songs werden von dir geschaffen. Letztendlich müssen mehrere längere oder kürzere Werke geschrieben, komponiert und abgemischt werden. Du wirst eng mit den Spieleentwicklerinnen und -entwicklern arbeiten, um eine Klangkulisse zu erschaffen, welche das Spielen unterstreicht, ohne davon abzulenken. In den meisten modernen Computerspielen gibt es ein adaptives Musiksystem. Das bedeutet, dass je nach Situation ruhige, gefährliche oder gruselige Musikstücke nahtlos ineinander übergehen können. Dieses System hat aber auch den Nachteil, dass für sämtliche eventuelle Situationen, in denen sich die Spielerinnen oder die Spieler befinden können, eine thematische passende musikalische Unterlegung gewährleistet werden muss. Man stelle sich nur einmal Mario ohne die klassische und weitverbreitete Soundkulisse vor! Von der Hintergrundmusik bis zu Marios „It´s a me!“ ist alles bekannt.

• Für die meisten Videospiele gilt: Es ist erst fertig, wenn man die Protagonistin oder den Protagonisten auch reden hört. Da kommen die Synchronsprecherinnen oder Synchronsprecher bzw. die Schauspielerinnen oder Schauspieler zum Vorschein. Als Voice-Actor, das ist die englische Bezeichnung, bist du dafür verantwortlich, einer Figur nicht nur Leben, sondern auch Charakter einzuhauchen. Du bekommst ein Drehbuch vorgelegt, welches du einsprechen sollst. Im Skript findest du Anweisungen, wie du die Figur spielen sollst. Im Regelfall wirst du deine Aufnahmen in vielen kleinen Takes aufnehmen. Diese sind durchschnittlich weniger als zehn Sekunden lang. Unser italienischer Freund wird vom 1955 geborenen Charles Martinet gesprochen, welcher neben Mario auch andere Nintendo Figuren spricht. Das bedeutet für dich, dass es nie zu spät ist, einer zukünftigen ikonischen Figur deine Stimme zu verleihen.

Level 7: Das Endprodukt – Mediengestalter Digital und Print

Wenn das Spiel fertig ist und bald in die große weite Welt verschifft werden soll, braucht es noch Werbematerial. Denn wenn keiner weiß, dass ein Spiel erschienen ist, wird es auch keiner kaufen. Als Mediengestalter für Digital und Print wirst du innerhalb der Gaming-Branche für alles rund um das Thema Marketing und Merchandise eingesetzt. Zwischen strikten Vorgaben und freier kreativer Entfaltung wirst du, je nach Auftrag, alles erleben.

Physische Werbematerialien wie Poster und Bus- und Bahnfolierungen sorgen immer noch für Aufmerksamkeit. Das digitale Pendant dazu wäre die Erstellung von Web-Grafiken oder Social-Media-Beiträgen.

Auch die reelle Spielehülle gestaltest du selbst. Hier gilt wieder: Entweder nach Vorgaben oder kreativer Freiraum!

Mittlerweile kann man kaum noch durch die Stadt gehen oder Social-Media druchscrollen, ohne an Mario und seinen Freunden und Feinden vorbeizukommen. Ein starkes Marketingteam sorgt jeden Tag dafür, dass man über das Produkt redet.

Obacht! Diese „Level“ können auch parallel zueinander ablaufen oder rückschrittig! Das heißt es handelt sich mehr um Richtlinien, statt ganze Regeln!