AUBI-plus: Wie bist du damals auf den Beruf gekommen?
Meine Leidenschaft war schon immer Malen, Zeichnen, Basteln und Werken. Das sollte sich auch in meinem Beruf wiederfinden. Beworben habe ich mich damals um ganz unterschiedliche Ausbildungsplätze, z. B. als Bauzeichnerin und Zahntechnikerin. Es war zu meiner Zeit aber sehr schwer, eine Lehrstelle zu finden. Auf den Beruf des Schaufenstergestalters hat mich letztendlich die Berufsberatung gebracht.

AUBI-plus: Jetzt arbeitest du seit über 40 Jahren in deinem Beruf. Kannst du sagen, was die wichtigsten Veränderungen in dieser Zeit waren?
Die erste Veränderung betrifft die Berufsbezeichnung an sich. Dekorateur ist nur Umgangssprache; zu meiner Lehrzeit lautete die Berufsbezeichnung Schaufenstergestalter. Dann wurde daraus der Schauwerbegestalter. Heute sagt man Gestalter für visuelles Marketing.

Während meiner Ausbildung habe ich noch viele handwerkliche Tätigkeiten erlernt. So habe ich mit Papier, Holz, Metall und anderen Werkstoffen gearbeitet. Die Rückwände für das Schaufenster habe ich selbst tapeziert, die Bodenbretter mit Stoff bespannt, Objekte gestrichen oder lackiert. Die Blickfänge wurden meistens aus Holz angefertigt, ich musste also auch sägen und Teile zusammenleimen.

Diese handwerklichen Tätigkeiten sind heute nicht mehr gefragt; die Dekorationsmaterialien werden zentral eingekauft und mitsamt Montageanleitung an die einzelnen Filialen unserer Modekette geliefert. Als wir alles noch selber gebaut haben, waren wir 10 Mitarbeiter in der Dekorationsabteilung. Heute sind wir nur noch zu zweit. Dafür sind andere Dinge wichtiger geworden, wie die Arbeit am Computer.

AUBI-plus: Was genau wird denn am Computer gemacht?
Die Schaufenster werden beispielsweise abfotografiert und die Bilder am Computer weiter bearbeitet. Auf jeder Etage wird dann eine Dokumentation verteilt, damit meine Kollegen aus dem Verkauf wissen, welche Kleidungsstücke gerade im Schaufenster präsentiert werden. Viele Kunden fragen im Geschäft nach den Teilen, die sie im Schaufenster gesehen haben. Auf solche Anfragen ist das Verkaufspersonal dann gut vorbereitet.

AUBI-plus: Und wie läuft ein Arbeitstag ab?
Alle 14 Tage bekommen wir neue Pläne von der Unternehmenszentrale. Dann heißt es wieder umdekorieren. Für sechs Fenster und die Podeste im Innenraum haben wir 2,5 bis 3 Tage Zeit. Danach nimmt unser Chef die Fenster ab und vergleicht sie mit den Vorgaben. Wir müssen also sehr sorgfältig arbeiten und auch auf Details wie z. B. den richtigen Faltenwurf achten. An den anderen Tagen kümmern wir uns um die Innendekoration und kleiden die Büsten und weitere Figuren an.

Büsten sind Teilköper, also entweder der Unterkörper oder der Oberkörper, je nachdem, ob Hosen oder Oberteile präsentiert werden sollen. Als Grenze kann man sich ganz gut den Bauchnabel vorstellen. Für die Innendekoration bekommen wir auch Vorgaben von der Zentrale, sind aber insgesamt etwas freier in der Umsetzung und können Tücher oder andere Assessoires selber passend zu dem jeweiligen Outfit auswählen.

AUBI-plus: Was rätst du Jugendlichen, die eine Ausbildung zum Gestalter für visuelles Marketing machen wollen?
Sich ganz genau über den Ausbildungsbetrieb informieren. Ketten mit vielen Filialen legen großen Wert auf die Wiedererkennung; deshalb machen die Zentralen ganz genaue Vorgaben, wie die Schaufenster zu gestalten sind, damit sie in jeder Stadt bzw. in jeder Filiale gleich aussehen. Mit diesen Vorgaben muss man umgehen können, schließlich schränken sie die eigene Kreativität schon in gewissem Maße ein.

Wer seine Kreativität stärker ausleben möchte, der sollte es besser bei einem kleinen Geschäft oder in einer Boutique versuchen, wo es diese zentralen Vorgaben nicht gibt. Mit ganz viel Glück schafft man es auch in die Zentrale einer Kette und kann dort die neuen Fenster entwickeln und die Vorgaben an die Filialen weitergeben.

Jemanden, der es als Kulissenbauer ans Theater geschafft hat, kenne ich übrigens nicht. Dabei arbeite ich nun schon seit über 40 Jahren in diesem Beruf!

AUBI-plus: Ok, mit der Kreativität ist das also so eine Sache. Welche Eigenschaften sind denn außerdem noch wichtig?
Man muss improvisieren können. Es kann immer einmal vorkommen, dass die Fenster einer Filiale baulich anders beschaffen sind als das Musterfenster im Handbuch, also größer, kleiner, höher oder niedriger sind. Dann muss man die Figuren anders hinstellen oder anders gruppieren als vorgegeben.

Neben dem Improvisationstalent brauchen Gestalter für visuelles Marketing auch eine gute Fingerfertigkeit, wenn z. B. Ärmel oder Hosenbeine abgesteckt werden müssen. Wenn die Kleidungsstücke ganz glatt an den Figuren sitzen, sieht das unnatürlich aus, schließlich bilden sich in der Armbeuge und in der Kniekehle immer Falten. Diese müssen wir nachbilden, indem wir den Stoff an den richtigen Stellen etwas zusammenraffen und feststecken.

Sorgfalt ist eine weitere gefragte Eigenschaft, schließlich dürfen wir die Kleidungsstücke nicht beschädigen. Bei Regenjacken und anderen Funktionsmaterialien verwenden wir zum Fixieren daher keine Nadeln, sondern Klammern.

Auch Englisch-Kenntnisse sind sehr wichtig, da es in unserem Beruf sehr viele englische Fachbegriffe gibt. Die Dekoration im Eingangsbereich, gleich dort wo die Kunden reinkommen, wird beispielsweise "Style Court" genannt.

AUBI-plus: Was wir schon immer einmal wissen wollten: Welche Größe hat eigentlich so eine Schaufensterpuppe?
Die Damenpuppen sind auf Konfektionsgröße 36 ausgelegt, die Herren auf 50. Kinderpuppen gibt es in allen Größen. Für mollige Frauen haben wir außerdem extra Figuren mit Größe 44.

Vielen Dank für das Gespräch!

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