Was tun bei Azubi-Mangel?

Schulabgänger sind knapp. Und diejenigen, die sich statt eines Studiums doch für eine Berufsausbildung entscheiden, sind vermeintlich nicht ausreichend qualifiziert genug. Während sich die einen Personaler noch über die mangelnde Ausbildungsreife bei der heutigen Jugend beklagen, gehen andere bereits neue Wege in der Gewinnung von Nachwuchskräften.

Viele Schulabgänger gelten als nicht ausbildungsreif
Viele Schulabgänger gelten als nicht ausbildungsreif © canva

Hohe Ansprüche an Bewerber

Abitur mit guten Noten in Deutsch, Mathe und anderen relevanten Fächern, erste Einblicke in die Berufswelt durch Schülerpraktika oder Ferienarbeiten, Engagement im Sportverein oder der Kirchengemeinde – von solchen Bewerbern können Personaler nur träumen. Was tun, wenn Bewerbungen des Idealkandidaten ausbleiben? Die freie Stelle unbesetzt lassen? Auf mehr Glück im nächsten Ausbildungsjahr hoffen? Mit ein wenig Geschick können Personaler auch in Dürreperioden ihre freien Ausbildungsplätze besetzen. 

Lernschwächere Bewerber zu loyalen Mitarbeitern aufbauen

Zunächst sollten Personaler ihr Anforderungsprofil auf den Prüfstand stellen. Muss es wirklich ein Realschulabschluss sein? Oder reicht auch ein Hauptschulabschluss? Welche Schulnoten sind zwingend notwendig? Manchmal liegt eine schlechte Note nicht an dem Fach an sich, sondern einfach daran, dass der Schüler ein Problem mit dem Lehrer hatte.

Ausbilder, die Abstriche bei ihrem Anforderungsprofil machen und lernschwächeren Bewerben eine Chance geben, ernten als Lohn loyale Mitarbeiter. Mit der Herausforderung, lernschwache Lehrlinge zu integrieren und zum Ausbildungsabschluss zu führen, stehen die Ausbildungsbetriebe zudem nicht alleine dar: Es gibt Hilfsangebote der Agenturen für Arbeit wie die ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH) und die Assistierte Ausbildung (AsA).

Studienabbrecher sind motiviert und vorgebildet

Der Trend geht zu immer höheren Schulabschlüssen in Verbindung mit der anschließenden Aufnahme eines Studiums, so aktuelle Studien wie der Berufsbildungsbericht 2016. Seit 2013 nehmen sogar mehr Jugendliche ein Studium als eine Berufsausbildung auf. Doch nicht für jeden ist eine akademische Laufbahn die richtige Wahl: Regelmäßig brechen 28% der Bachelor-Studenten ihr Studium ab, wie das Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) ermittelt hat.

Für Ausbildungsbetriebe sind Studienabbrecher interessante Kandidaten zur Besetzung ihrer freien Lehrstellen. Die Aussteiger haben für sich bereits erkannt, dass ein theorielastiges Studium nichts für sie ist und suchen nun gezielt den Praxisbezug. Hochmotiviert starten sie in die Ausbildung. Abitur bzw.  Fachhochschulreife sowie die erworbenen Kenntnisse aus dem Studium ermöglichen zudem in den meisten Fällen, die Ausbildung zu verkürzen. In Einzelfällen können mehrere Verkürzungsgründe so kombiniert werden, dass eine Regelausbildungszeit von beispielsweise 3 Jahren auf 1,5 Jahre verkürzt werden kann.

In Branchen wie dem Handel gibt es bereits spezielle Abiturientenprogramme wie die Aus- bzw. Weiterbildung zum Handelsfachwirt. Auch das Programm JOBSTARTER plus des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie Netzwerke aus Hochschulen, Betrieben, Wirtschaftsinitiativen, Industrie-, Handels- und Handwerkskammern leisten mit ihren regionalen Ausbildungsoffensiven einen wichtigen Beitrag, Studienabbrecher und Ausbildungsbetriebe zusammenzuführen. 

Überlebenskünstler mit wertvollen Erfahrungen

Quereinsteiger haben meist schon die ein oder andere Station in ihrem Berufsleben durchlaufen. In ihren Lebensläufen finden sich Studiengänge und Berufsausbildungen mit oder ohne Abschluss, Nebenjobs und vieles mehr. Auf den ersten Blick ist es für Personaler nicht gerade verlockend, solch einen sprunghaften Kandidaten einzustellen, besteht doch die Gefahr, dass er das Unternehmen schnell wieder verlässt. Doch der zweite Blick kann sich lohnen: Quereinsteiger bringen oft Kenntnisse und Fertigkeiten aus den unterschiedlichsten Bereichen mit. Im Vergleich zu jugendlichen Schulabgängern sind sie älter und damit meist auch reifer. Häufig sind sie dankbar, eine zweite (oder auch dritte) Chance zu bekommen, bei der sie sich beweisen können und entwickeln sich im Nachhinein zu loyalen Mitarbeitern. 

Jungen Müttern finanzielle Unabhängigkeit geben

Mädchen, die noch in der Schulzeit schwanger werden, bleibt es oft verwehrt, im Anschluss einen Ausbildungsplatz zu finden. Dabei zeichnen sich junge Mütter durch gefragte Eigenschaften aus: Sie tragen die Verantwortung für ein Kind und sind daher zumeist reifer und verantwortungsbewusster als gleichaltrige Mädchen. Und wer es schafft, auch mit Kind seinen Schulabschluss zu machen, der muss einen starken Willen haben, belastbar sein und sich selbst gut organisieren können. Betriebe, die von diesen Eigenschaften profitieren wollen, können Bewerberinnen mit Kind eine Ausbildung in Teilzeit anbieten. Die wöchentliche Ausbildungszeit wird auf 20 bis 35 Stunden reduziert und der Ausbildungsplan entsprechend angepasst. Je nach Einzelfall kann die Ausbildungszeit um 6 oder 12 Monate verlängert werden. Der organisatorische Aufwand lohnt sich: Die Ausbildungsbetriebe gewinnen loyale Mitarbeiterinnen und steigern ganz nebenbei ihren Ruf als familienfreundliches Unternehmen.

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