Kritikgespräche mit Azubis richtig führen

Klar, dass manche Dinge nicht auf Anhieb klappen. Ihre Azubis sind ja auch noch in der Ausbildung und müssen Vieles erst noch lernen. Doch was tun, wenn die Dinge (wiederholt) aus dem Ruder laufen? Ein gutes Instrument, um einen Azubi wachzurütteln und wieder auf die Spur zu bringen, ist ein Kritikgespräch. In welchen Phasen solch ein Gespräch typischerweise abläuft, bespricht dieser Artikel.

Ein Kritikgespräch kann helfen, einen Azubi wachzurütteln und wieder auf die Spur zu bringen.
Ein Kritikgespräch kann helfen, einen Azubi wachzurütteln und wieder auf die Spur zu bringen. © cookie_studio on Freepik

Stellen Sie sich vor, Sie beobachten bei Ihrem Azubi ein wiederholtes Fehlverhalten oder es ist in einer bestimmten Situation zu einem massiven Fehlverhalten gekommen. Als Schiedsrichter würden Sie die gelbe Karte zücken. Und als Ausbilderin bzw. Ausbilder? Um einen Azubi zu verwarnen bzw. zu ermahnen, steht Ihnen als disziplinarisches Mittel ein Kritikgespräch zur Verfügung. Damit dies gut gelingt und den gewünschten Erfolg bringt, sollten Sie als Ausbilderin bzw. Ausbilder diese sechs Phasen beachten:

  1. Einstieg
  2. Problem darlegen
  3. Ursache klären
  4. Lösungen suchen
  5. Vereinbarung treffen
  6. Abschluss und Ausblick

Dazu kommt noch eine vorgeschaltete Phase, nämlich die Gesprächsvorbereitung: Sammeln Sie konkrete Beispiele für eine bestimmte Situation bzw. für ein bestimmtes Verhalten, das sie besprechen möchten.

Einstieg

Für ein konstruktives Kritikgespräch ist eine ruhige Gesprächsatmosphäre wichtig. Sorgen Sie dafür, dass Sie unter vier Augen sprechen können und nicht gestört werden. Beginnen Sie mit einer freundlichen Begrüßung und erklären Sie Sinn und Zweck des Gesprächs. Dabei sollte Ihre Auszubildende bzw. Ihr Auszubildender die Ernsthaftigkeit des Gesprächs verstehen.

Bei Bedarf: Dampf ablassen lassen! Sind bei einem Kritikgespräch Emotionen im Spiel, sollten Sie diesen zunächst den nötigen Raum geben. Ärger, Frust, Wut, Enttäuschung und andere negative Gefühle müssen erstmal raus, um das Gespräch überhaupt sachlich führen zu können. Lassen Sie Ihren Azubi seinen Dampf ablassen, bleiben Sie ruhig und lenken Sie das Gespräch dann von der emotionalen auf die Sachebene. 

Problem darlegen

Beschreiben Sie so sachlich und objektiv wie möglich, was Anlass zur Kritik gibt. Nennen Sie konkrete Beispiele für Situationen und Verhaltensweisen. Zeigen Sie (mögliche) Folgen auf und sagen Sie, welche Gefühle die Situation/das Verhalten bei Ihnen ausgelöst hat. Praxistipp: Verwenden Sie Ich-Botschaften wie „Mir ist aufgefallen, dass“, „Ich habe gesehen, dass“, „Ich bin enttäuscht, dass“, „Mich ärgert es, dass“.

Ursache klären

Analysieren Sie die Ursachen für die kritisierte Situation / das kritisierte Verhalten. Dabei sollte Ihr Azubi selbst darlegen, was aus seiner Sicht zu der Situation / dem Verhalten geführt hat. Gut möglich, dass er anfangs versucht, sich zu rechtfertigen und herauszureden – was eine vollkommen menschliche Reaktion ist. Bleiben Sie sachlich und stellen Sie weitere Nachfragen. Mit offenen Fragen regen Sie Ihren Azubi zur Reflexion an – soweit, bis er selbst einsieht, dass sein Verhalten falsch war.

Lösungen suchen

Beteiligen Sie Ihren Auszubildenden dann an der Lösungsfindung. Machen Sie einen Soll-Ist-Vergleich und tragen Sie gemeinsam Lösungsvorschläge zusammen. Oft sind seitens Ihres Azubis gute Ideen dabei. Zudem hat es eine motivierende und aktivierende Wirkung, einbezogen zu werden.

Vereinbarung treffen

Vereinbaren Sie mit Ihrem Azubi, welche konkreten Schritte bzw. Maßnahmen wie und bis wann ergriffen werden sollen, um die Situation zu verbessern. Legen Sie dazu einen Termin für ein nächstes Gespräch fest, um das Erreichte zu überprüfen.

Die passende Herausforderung finden: Zielarten

Je nachdem, wo Ihr Azubi steht, kann eine andere Zielart angemessen sein:

  • Minimalziele sind die grundlegendsten Ziele, die Ihre Auszubildenden erreichen sollen. Sie repräsentieren den minimalen Standard, um eine bestimmte Anforderung zu erfüllen, und dienen oft als Ausgangspunkt für die nächste Stufe. In der Regel werden Ihre Azubis die Minimalziele gut erreichen.
  • Normale Ziele sind durchschnittliche oder typische Ziele, die Ihr Azubi erreichen soll. Sie stellen die üblichen Erwartungen dar, die er bzw. sie im Laufe seiner Ausbildung, im Rahmen eines Projektes oder bei einer bestimmten Aufgabe erfüllen soll. Diese Ziele sind in der Regel anspruchsvoller als Minimalziele, aber realistisch und erreichbar.
  • Maximale Ziele sind die anspruchsvollsten Ziele, die Ihre Nachwuchskräfte anstreben können. Um diese Spitzenleistungen abzuliefern, braucht es erhebliche Anstrengungen, Ressourcen und Engagement.

Abschluss und Ausblick

Beenden Sie das Gespräch mit einer Zusammenfassung der besprochenen Punkte und einer positiven Note. Es sollte klar sein, dass das Ziel des Gesprächs die Verbesserung und Entwicklung ist, nicht nur die Kritik an sich. Geben Sie einen positiven Ausblick und zeigen Sie die Vorteile der neuen Situation auf.

Praxistipp: Indem Sie ein Gesprächsprotokoll anfertigen und dieses unterzeichnen lassen, schaffen Sie nicht nur Verbindlichkeit, sondern unterstreichen auch nochmal die Ernsthaftigkeit der Angelegenheit: Die gelbe Karte steht jetzt in der Personalakte.

Lesetipp

Kritikgespräche sind eine besondere Form von Feedbackgesprächen. Diese besprechen wir in einem separaten Beitrag Sachlich, fair und konstruktiv: Auszubildenden richtig Feedback geben. Die dort vorstellte WWW-Methode sowie die Praxistipps lassen sich ebenfalls gut bei Kritikgesprächen anwenden.






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