Sachlich, fair und konstruktiv: Auszubildenden richtig Feedback geben

Top oder Flop? Ob eine betriebliche Ausbildung erfolgreich ist, hängt immer auch von den Ausbilderinnen und Ausbildern ab. Gutes Ausbildungspersonal ist darin geschult, den Lernstand ihrer Auszubildenden objektiv zu erfassen, bestehende Defizite zu identifizieren, zu analysieren und konstruktive Lösungen zu finden. Um bei Auszubildenden auf eine hohe Akzeptanz zu stoßen, sind Fairness und Sachlichkeit im Umgang mit der Beurteilung wichtig.

Wichtig für Azubis: Regelmäßiges Feedback, faire Beurteilungen sowie Lob und Anerkennung
Wichtig für Azubis: Regelmäßiges Feedback, faire Beurteilungen sowie Lob und Anerkennung © Ahrens + Steinbach Projekte

Inhalt

  • Warum ist Feedback wichtig?
  • Werkzeugkasten: Die WWW-Methode
  • Informelles vs. formelles Feedback
  • Nutzen von Feedbacks
  • Praxistipps
  • EXKURS: Feedback andersherum

Warum ist Feedback wichtig?

Gut angewendet ist Feedback ein wertvolles Instrument in der tagtäglichen Ausbildungsarbeit, denn die Auszubildende bzw. der Azubi bekommt ein Gefühl dafür, ob ihre/seine Aufgabenerfüllung in die richtige Richtung geht, aber auch, was sie/er besser machen kann. 

„Auszubildenden fehlt die Erfahrung, ihre Arbeitsergebnisse selbst einordnen zu können. Dafür brauchen sie ehrliches, konstruktives Feedback – und das möglichst oft. Soziale Medien haben junge Menschen darauf konditioniert, innerhalb von Minuten, teilweise Sekunden, Bestätigung in Form von Likes zu erhalten. Ein Feedbackgespräch alle paar Wochen reicht da nicht aus, um dieses Bedürfnis nach Anerkennung und Rückmeldung zu stillen.“ So brachte es Bernd-Johann Weyer, Trainer für Soft- und Methodenskills, in seinem Beitrag Zwischen Nestwärme und Arbeitsalltag: Auszubildende führen und binden auf den Punkt. 


Werkzeugkasten: Die WWW-Methode

Um ein aktuelles Ereignis zeitnah mit Ihrem Azubi zu besprechen, eignet sich die WWW-Methode. Die 3 Ws stehen für Wahrnehmung, Wirkung und Wunsch. Und so geht’s:

  1. Wahrnehmung: Formulieren Sie Ihre Wahrnehmung, z. B. Ich habe den Eindruck, dass du gerade sehr unkonzentriert bist (Ich-Botschaft). Die E-Mails, die du schreibst, enthalten viele Flüchtigkeitsfehler.
  2. Wirkung: Erklären Sie, welche Wirkung bzw. Auswirkung das Verhalten hat, z. B. Wenn unsere Kunden fehlerhafte E-Mails erhalten, macht das einen schlechten Eindruck. Ich bin verwundert, denn das kenne ich nicht von dir.
  3. Wunsch: Sagen Sie, welches Verhalten Sie sich wünschen, z. B. Ich wünsche mir, dass du E-Mails an Kunden wieder so sorgfältig schreibst wie früher, sodass uns unsere Kunden weiterhin als Qualitätsanbieter wahrnehmen. 

Ihr Azubi hat eine Aufgabe besonders gut erledigt und Sie möchten ihn loben? Auch dann funktioniert die WWW-Methode: 

  1. WahrnehmungMir ist aufgefallen, dass du dein Berichtsheft in den letzten Wochen besonders sorgfältig geführt und mir jeden Mittwoch unaufgefordert vorgelegt hast.
  2. WirkungDas freut mich wirklich sehr, schließlich ist dein Berichtsheft ein wichtiges Dokument, das zeigt, was du schon alles während deiner Ausbildung gelernt hast.
  3. WunschWeiter so! 

Übrigens: Bei Bedarf kann die WWW-Methode noch um ein viertes W erweitert werden. Dieses steht für „Was“ oder „Wie“. Fragen Sie Ihren Azubi am Ende des Feedbacks, wie Sie helfen können, um das gewünschte Verhalten umzusetzen, z. B. so: Wie kann ich dich dabei unterstützen? Was brauchst du von mir? Was kann ich für dich tun?


Informelles vs. formelles Feedback

Neben den eher informellen, situativen Alltagsfeedbacks stellen formelle, institutionalisierte Beurteilungsgespräche eine weitere Feedback-Form dar. Für diese gibt es meist einen festen Termin, z. B. zum Ende der Probezeit, beim Wechsel in eine andere Fachabteilung, gegen Ende eines jeden Ausbildungs(halb)jahres sowie vor Abschluss der Ausbildung. In den Gesprächen bewerten Sie Aspekte der gezeigten Leistung wie
  • Arbeitsqualität,
  • Selbstständigkeit,
  • Zielorientierung,
  • Leistungsbereitschaft (Engagement und Motivation),
  • Genauigkeit und Zuverlässigkeit,
  • Lern- und Entwicklungskompetenz sowie
  • Berichtsheftpflege

aber auch Soft Skills wie zum Beispiel

  • Teamfähigkeit,
  • Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen,
  • Engagement in Azubi-Projekten,
  • Belastbarkeit,
  • Flexibilität und
  • Kritikfähigkeit.

Neben den Leistungsbeurteilungsgesprächen, die bei Auszubildenden sicherlich am häufigsten vorkommen dürften, zählen noch Zielvereinbarungs- sowie Entwicklungs- bzw. Fördergespräche zu den institutionalisierten Gesprächen. Die Ergebnisse werden dokumentiert – bei Leistungsbeurteilungen gerne mittels eines Bogens – und in die Personalakte geheftet. 


Praxistipps

  • Sagen Sie, was Sie beobachtet haben – am besten mittels einer Ich-Botschaft. Beispiele: Mir ist aufgefallen…, Ich habe gesehen…, Ich habe den Eindruck…
  • Formulieren Sie Ihre Beobachtung nicht allgemein, sondern beziehen Sie sich auf eine konkrete Situation.
  • Ihr Azubi hat einen guten Job gemacht? Dann sagen Sie ihm das! Lob und Anerkennung für gute Arbeit und besonderen Einsatz motiviert, steigert das Selbstwertgefühl und fördert die Leistungsbereitschaft.
  • Bei Kritik: Wählen Sie neutrale Formulierungen, statt Vorwürfe oder Schuldzuweisungen zu machen. Vorsicht dabei mit Du-Formulierungen - diese können schnell anklagend wirken. Bei einer Aussage wie Du hast in letzter Zeit immer schlechte Laune fühlt sich Ihr Gegenüber schnell in die Defensive gedrängt. Besser ist eine Ich-Botschaft: Mir ist aufgefallen, dass du bei Besprechungen in der letzten Woche sehr unfreundlich auf Vorschläge aus dem Team reagiert hast.
  • Sagen Sie, welches Verhalten Sie sich wünschen. Machen Sie Verbesserungsvorschläge und geben Sie Hilfestellung. Treffen Sie ggf. eine Vereinbarung.
  • Fragen Sie Ihren Azubi, wie er die Dinge sieht. Einbezogen zu werden, ist ein Zeichen der Wertschätzung.
  • Ergänzend zu den eher kürzeren, informellen Alltagsfeedbacks sollten Sie monatliche Feedbackgespräche planen, in denen mehr Zeit zur Verfügung steht.
  • Längere Feedbackgespräche folgen in der Regel einem festen Ablauf: 1. Begrüßung und Smalltalk, 2. Nachbetrachtung der Arbeitsaufgaben und Feedback, 3. kommende Aufgaben und Ziele, 4. Perspektiven und Entwicklungsoptionen, 5. Dank und Abschluss.
  • Beide Seiten sollten sich im Vorfeld auf das Gespräch vorbereiten und vergangene Leistungen reflektieren.
  • Das Gespräch bietet dann einen Abgleich zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung. Dieser Abgleich ist für Ihre Nachwuchskräfte enorm wichtig, da es ihnen aufgrund mangelnder Arbeitserfahrungen oftmals noch schwerfällt, ihre eigenen Kompetenzen und ihr Verhalten richtig einzuschätzen.

EXKURS: Feedback andersherum

Jedes Feedbackgespräch ist für Sie als Ausbilderin bzw. Ausbilder zugleich eine tolle Möglichkeit, Meinungen, Ideen und Rückmeldungen Ihrer Auszubildenden einzuholen. Statt das Gespräch informell zu führen, sollten Sie auch hier auf Struktur setzen. Eine gute Methode ist beispielsweise das 5-Finger-Feedback bzw. die Feedback-Hand, bei der folgende Aspekte abgefragt werden (bei Bedarf können Sie diese natürlich auch umformulieren):

  • Daumen (Lob): Was hat Ihren Auszubildenden besonders gut gefallen? Eselsbrücke: „Daumen hoch, das war super!“
  • Zeigefinger (Hinweis): Was ist Ihren Auszubildenden aufgefallen? Worauf möchten sie hinweisen? Was könnte man besser oder anders machen? Eselsbrücke: „Schau mal!“
  • Mittelfinger (Kritik): Was hat Ihren Auszubildenden nicht gefallen?  Eselsbrücke: Das hat mir gestunken / Das fand ich nicht gut!“
  • Ringfinger (Schmuckstück): Was nehmen Ihre Auszubildenden mit? Welche Erkenntnisse sind besonders hängen geblieben? Eselsbrücke: „Mein wertvollster Ring!“ (Das merke ich mir, weil es besonders wichtig ist)
    Alternativ kann der Ringfinger auch für ein Gefühl stehen: Wie haben sich Ihre Auszubildenden bei einer bestimmten Aufgabe gefühlt? Wie haben sie etwas empfunden?
  • Kleiner Finger (Mangel): Was kam Ihren Auszubildenden zu kurz? Wovon hätten sie gerne mehr gehabt? Welche Ausbildungsinhalte würden sie gerne noch vertiefen? Eselsbrücke: „Dieser Finger ist kleiner als die anderen.“

Das 5-Finger-Feedback kann mündlich oder schriftlich, einzeln oder in der Gruppe durchgeführt werden. Für Auszubildende, die noch am Anfang ihrer Ausbildung stehen und noch nicht viele Erfahrungen mit dem Geben und Nehmen von Feedback sammeln konnten, kann zunächst die Gruppenform geeignet sein, z. B. zum Abschluss einer Unterweisung, an der alle Azubis gemeinsam teilgenommen haben.

So geht’s: Sie malen eine Hand auf ein Flipchart, verteilen an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer jeweils 5 Kärtchen bzw. Klebezettel und tragen anschließend alle Rückmeldungen auf dem Flipchart zusammen. Diese Methode können Sie nach und nach steigern, bis Ihre Auszubildenden soviel Sicherheit und Selbstbewusstsein entwickelt haben, dass sie ihr Feedback auch in einer 1:1-Situation mündlich geben.

Ganz wichtig: Die Rückmeldungen Ihrer Azubis ernst nehmen. Setzen Sie sich mit dem Feedback auseinander, überlegen Sie, welche Änderungen und Verbesserungen sinnvoll sind und in welcher Reihenfolge Sie diese angehen möchten. Das Gefühl, etwas bewegen und die eigene Ausbildung mitgestalten zu können, ist für Ihre Nachwuchskräfte ungemein motivierend!

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