Social-Media-Recruiting: „Emotion vor Information"

Stefan Scheller ist Experte für Employer Branding, Personalmarketing, Recruiting, New Work und digital HR. Im Interview mit der AUBI-news-Redaktion gibt er Tipps, wie Ausbildungsbetriebe neue Azubis gewinnen können.

Stefan Scheller im Interview
Stefan Scheller im Interview © Stefan Scheller

Der Fachkräftemangel ist in nahezu jedem Unternehmen spürbar. Welchen Ratschlag legst du HR-Verantwortlichen ans Herz, um Wettbewerbern bei der Mitarbeitergewinnung einen Schritt voraus zu sein?

Stefan Scheller: DEN einen Tipp, der für alle Unternehmen und Ausbildungsbetriebe gleichermaßen gilt, gibt es nicht. Ich würde Verantwortlichen aber dazu raten, den Fokus auch auf die bereits im Unternehmen arbeitenden Azubis und Beschäftigten zu legen, um diese weiterzuentwickeln und zu halten. Personalentwicklung und Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit mit dem Ziel „Retention" ist eine andere Art von „Recruiting“.

Zu den wichtigsten Faktoren, um eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit im Unternehmen sicherzustellen, zählen beispielsweise Kommunikation, Führung und definitiv die Entlohnung bzw. Ausbildungsvergütung. Weitere Bindungsfaktoren, die in Befragungen regelmäßig genannt werden, sind Arbeitsplatzsicherheit sowie eine hohe Work-Life-Balance.

Welche Methoden sind am effektivsten, um Auszubildende für das eigene Unternehmen zu gewinnen?

Wie ich in meinen Vorträgen immer betone, sind es am Ende die Menschen, die Menschen gewinnen. Tatsächlich geht es in erster Linie um „Emotion vor Information“: Junge Menschen wollen auf ihrer Wellenlänge erreicht werden – bestenfalls von ihren Peers, also anderen jungen Menschen. Das ist die Steilvorlage für Empfehlungsmarketing und Social Media durch die eigenen Azubis des Unternehmens. 


Für die Arbeitgebermarkenbildung braucht es mindestens einen Social-Media-Kanal – manchmal auch zusammen mit einem (Micro)Influencer. Hier bietet es sich an, den jeweils aktuellen Azubis einen Kanal zur Verfügung zu stellen, z. B. auf Instagram oder TikTok, um dort als Markenbotschafter empfehlend zu wirken.

Leider erlebe ich häufig, dass Social Media falsch eingesetzt wird, um dort beispielsweise ausschließlich Stellenanzeigen zu posten. Die will aber niemand dort lesen. Insofern ist der hier investierte Aufwand in den allermeisten Fällen für die berühmte Katz.


Was sind die drei ungewöhnlichsten aber zugleich effektivsten Tipps, um auf Social Media mit Employer Branding durchzustarten?

Tipp 1: Wenn die Kampagne zur Gewinnung junger Menschen den älteren Generationen im Unternehmen nicht gefällt, ist die Chance auf Erfolg höher, als wenn sie sich selbst davon angesprochen fühlen.

Tipp 2: Emotion vor Information.

Tipp 3: Binden Sie die jeweiligen Peergroups ein und setzen Sie nicht (nur) auf Agenturen.

Welche HR-Trends siehst du im Jahr 2024 noch auf uns zukommen?

An echten „Trends“ sehe ich gerade nur KI. Wir können davon ausgehen, dass eine Vielzahl von Bewerberinnen und Bewerbern schon generative KI für die Erstellung der Unterlagen einsetzt. HR-Verantwortliche, die heute noch glauben, aus der vermeintlich persönlichen Note in Anschreiben und Co. auf Charakter oder gar Skills schließen zu können, sollten endgültig erkennen, dass es schon früher wenig Sinn und heute überhaupt keinen Sinn mehr macht.

Andere Trends, wie beispielsweise Mental Health und hybride Arbeit, sind aus meiner Sicht eher generische Entwicklungen.  


Über den Interviewpartner

Stefan Scheller: Speaker, Buchautor und Blogger ist HR-Influencer und Gründer von PERSOBLOGGER.DE, einer der bekanntesten deutschsprachigen HR-Websites. Auf der Plattform sind aktuelle Fachinformationen und Artikel, Studien und Infografiken zum Download, ein Eventkalender sowie eine Jobbörse kosten- und anmeldefrei zugänglich. Neben Übersichten rund um die HR-Szene (Blogs, Podcasts und Fachliteratur) werden relevante HR-Dienstleister im Anbieterverzeichnis sowie spannende Startups präsentiert. Die online HR-Lernplattform Persoblogger Club ermöglicht Unternehmen communitybasierten Austausch und Fachimpulse für die Praxis.

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