Vertrauenswürdigkeit – das Kapital eines guten Arbeitgebers

Wenn es darum geht, einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden, müssen sich Bewerber mit einer Vielzahl von Informationen auseinandersetzen. Auf Karriereseiten stoßen sie auf bunte Fotos; in den Stellenausschreibungen winken ihnen tolle Angebote, wie zum Beispiel Sonderleistungen und Aufstiegsperspektiven. Aber worauf kommt es wirklich an? Was wünschen sich angehende Auszubildende und Fachkräfte von ihrem Arbeitgeber? Vor allem eines: Vertrauenswürdigkeit und Ehrlichkeit.

Die Zusammenarbeit mit netten Kollegen ist ein wichtiges Kriterium der Arbeitsqualität.
Die Zusammenarbeit mit netten Kollegen ist ein wichtiges Kriterium der Arbeitsqualität. © canva

Fair, transparent und authentisch

Ob eine Person oder eine Institution vertrauenswürdig ist, können wir meist erst dann beurteilen, wenn wir sie besser kennen. Bei dem Antritt einer Arbeitsstelle kaufen wir also in den meisten Fällen die Katze im Sack. Anhand welcher Kriterien ist es möglich, bereits im Voraus einzuschätzen, ob die Versprechen eines Arbeitgebers Hand und Fuß haben? Juniorprofessorin für Organizational Behavior Dr. Anja Iseke, die sich mit dem Vertrauen in Organisationen beschäftigt, nennt zum Beispiel faire und transparente Auswahlverfahren und Investitionen in Mitarbeiter als Indizien für ein vertrauenswürdiges Unternehmen. Es gehe darum, nach außen hin ein authentisches Bild zu vermitteln und sich bei Bewerbern bekannt zu machen.

Imagewerbung – authentisch!

Mit falschen Informationen zu werben, kann zwar auf den ersten Blick unentdeckt bleiben, wird jedoch spätestens im Laufe der Zeit auffallen und zu einer hohen Absprungrate der Mitarbeiter führen. Auch Bewertungsportale werden häufig herangezogen, wenn es darum geht, möglichst authentische Informationen über Arbeitgeber zu erhalten. Um den Bewertungsportalen einen Schritt voraus zu sein, können Arbeitgeber die Stimmen ihrer Mitarbeiter selbst publik machen, indem sie zum Beispiel Interviews auf ihrer Homepage einbinden, echte Fotos aus dem Unternehmen zeigen und Auszubildende auf Ausbildungsmessen zu Wort kommen lassen, um ihre Erfahrungen im Unternehmen mit zukünftigen Bewerbern zu teilen. Auch Siegel, die die Güte von Arbeitgebern und Ausbildungsbetrieben bescheinigen, sind eine Möglichkeit, in der Öffentlichkeit zu glänzen. Die Zertifizierungsverfahren laufen je nach Anbieter unterschiedlich ab. Eine Mitarbeiterbefragung von aktuellen und ehemaligen Azubis sowie Ausbildungsverantwortlichen ist beispielsweise Grundlage der Evaluation bei BEST PLACE TO LEARN, Deutschlands Gütesiegel für die betriebliche Ausbildung.

Mitarbeiter dauerhaft binden

Wenn das Vertrauen eines Bewerbers einmal gewonnen ist, geht es darum, es zu stabilisieren. In einer Befragung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales im Jahr 2015 wurden die Sicherheit des Beschäftigungsverhältnisses, ein unbefristetes Arbeitsverhältnis und die Zusammenarbeit mit netten Kollegen als wichtigste Kriterien der Arbeitsqualität eingestuft. Zudem ergab sich eine besonders hohe positive Korrelation (Korrelationskoeffizient 0,58) zwischen dem Faktor „Vertrauen und Gerechtigkeit“ und dem Faktor „Arbeitszufriedenheit“. Eine hohe negative Korrelation (Korrelationseffizient -0,41) wurde zwischen Vertrauen und Gerechtigkeit und der Aufgabe oder dem Wechsel der Arbeitsstelle verzeichnet. Kurz gesagt: Je mehr Vertrauen und Gerechtigkeit nach Einschätzung des Mitarbeiters in einem Unternehmen herrscht, desto zufriedener ist er. Je weniger Vertrauen und Gerechtigkeit, desto eher gibt er seinen Arbeitsplatz auf. Bei der Frage, ob die Beschäftigten den Informationen, die von der Führung kommen, vertrauen können, wurde ein Mittelwerkt von 73,7 (Höchstpunktzahl: 100) gemessen. Die Einschätzung, ob die Führung auf die gute Arbeit der Mitarbeiter vertraut, liegt bei 85,1. Auffällig ist, dass die gemessenen Werte in mittleren bis großen Betrieben fast 20 Punkte unter den Werten in sehr kleinen Betrieben liegen (69,6 zu 86,1 Punkten). Weitere Schwankungen treten bei unterschiedlichen Wochenarbeitszeiten und in verschiedenen Branchen auf. Der niedrigste Wert wurde in der Branche Kreditwirtschaft/ Werbung/ Medien gemessen.

Wie lassen sich diese Werte steigern, sprich wie können Arbeitgeber das Maß an Vertrauen und Gerechtigkeit im Betrieb erhöhen und aufrechterhalten? Angefangen bei der Stellenausschreibung sollten keine Ziele formuliert werden, die nicht oder nur sehr schwer zu erreichen sind. Vermögenswirksame Leistungen und geldwerte Vorteile wie zum Beispiel verbilligte Mitgliedschaften und Jobtickets für öffentliche Verkehrsmittel sind zwar „nice to have“, doch locken sie wirklich Mitarbeiter an? Arbeitgeber sollten sich stattdessen die Fragen stellen: Wann fand der letzte Betriebsausflug statt? Wie und wo plane ich die diesjährige Weihnachtsfeier? Nutze ich Feedbackmaßnahmen, um die Arbeit meiner Mitarbeiter zu honorieren anstatt sie nur zu kontrollieren? Was genau meine ich, wenn ich von „Entwicklungsmöglichkeiten“ oder „Perspektiven“ in den Stellenausschreibungen spreche?

Besonderheit: Generation Z

Insbesondere der Generation Z, die sich nun auf den Arbeitsmarkt stürzt, sind Geld, Karriere und Statussymbole nicht mehr so wichtig. Stattdessen wünschen sich die Jugendlichen sinnvolle Aufgaben, regelmäßiges Feedback während der Ausbildung, eine Förderung ihrer Persönlichkeit, den Einklang von Berufs- und Privatleben und eine Übernahme-Perspektive nach der Ausbildung. Sie bevorzugen Struktur im Berufsalltag, zum Beispiel durch ein Modell mit festen Arbeitszeiten. Sie möchten einen festen Ansprechpartner im Betrieb haben, der ihnen „echte“ Aufgaben zuteilt. Die Chance auf Übernahme ist bereits ein Entscheidungsfaktor in der Wahl des Ausbildungsbetriebes. Unter individuellen Entwicklungsmöglichkeiten stellt sich die Generation Z nicht in erster Linie Aufstiegschancen vor, wie sie gerne in Ausschreibungen versprochen werden, sondern die Möglichkeit, sich nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Interessen weiterzubilden und eigene Ideen einzubringen, zum Beispiel in Form von Projektarbeiten oder Ideenwerkstätten im Betrieb.

Ob jung oder alt, in der Ausbildung oder danach – Mitarbeiter wünschen sich einen Arbeitgeber, auf dessen Informationen sie sich verlassen können, sowohl vor ihrer Anstellung als auch im Berufsalltag. Ein gutes Gehalt ist ihnen nicht so wichtig wie der Zusammenhalt unter den Kollegen und ein guter Draht zur Geschäftsführung. Transparenz, Fairness und Vertrauen auf beiden Seiten sind die Geheimnisse und zugleich das Kapital eines guten Arbeitgebers.


Thorben Örmann

Leitung Marketing & Entwicklung

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